5.

„Na, dann zeig mal, was du draufhast.“ Lukas setzt seine Kappe ab und wirft dem neuen Keyboard-Anwärter einen aufmunternden Blick zu. Die vier Musiker haben sich gerade im Proberaum eingefunden. Frank ist im Aufenthaltsraum geblieben, „zum telefonieren“, – wahrscheinlich hat er einfach keinen Nerv mehr, einen weiteren Tastenschläger

scheitern zu sehen.

„Okay, was wollt ihr hören?“, fragt Simon, und lässt sich auf den Keyboardhocker fallen. Er wird auf einem der alten Probenkeyboards von Ruben spielen, die dieser vorübergehend noch dagelassen hat. Gedankenverloren klimpert er ein paar Töne, um die Klaviatur anzutesten.

Tilman beugt sich hinter seinem Drumset nach vorn. „Frank hat dir gemailt, was wir so spielen?“ Simon nickt.

„Woll’n wir mal mit ‚Analog‘ anfangen?“ Tilman macht eine zustimmende Handbewegung und wirft Lukas unauffällig einen bedeutungsvollen Blick zu. Mit ‚Analog‘ wollte noch keiner der bisherigen Keyboarder anfangen. Das Stück gehört in Sachen Keyboardsounds und Spielweise zu den anspruchsvollsten im Set – so minimalistisch die Nummer auch ist: Hier steigt und fällt alles mit der Stimmung, die der Mann an den Tasten transportieren und vorgeben kann.

Tobi lehnt sich zurück. „Na dann los. Fang mal an, wir setzen dann ein – heute stehst du im Fokus!“

Simon schließt die Augen und atmet durch. Er weiß, die Jungs musikalisch zu beeindrucken sollte ihm nicht schwerfallen. Nicht nur, dass er jahrelange Banderfahrung hat, ‚Analog‘ gehört auch zu seinen Lieblingsliedern, seit er zum ersten Mal in Franks Demo-CD der Band reingehört hat. Die Nummer wirkt beim ersten Hören monoton, fast hypnotisch und sehr simpel, fordert ihn am Keyboard aber durch ihr sphärisches Sounddesign heraus und erlaubt ihm, ein bisschen zu experimentieren – kurzum: Es ist keine seichte Popnummer, die man einfach mal so herunterspielt. An solchen Stücken hatte er immer schon am meisten Spaß. Aber zu guter Musik gehört auch die Chemie zwischen den Musikern. Ob die stimmt, ist er selbst gespannt.

Er greift den Anfangsakkord und beginnt zu spielen. Im Kopf geht er kurz die Melodie durch, dann lässt er sich in sein Spiel fallen. Die Umgebung verschwimmt, wichtig sind nur noch seine Hände und das Keyboard. Wie jedes Mal, wenn er die Tasten unter seinen Fingerspitzen spürt, fühlt er sich zuhause. Lukas beobachtet den Keyboarder wachsam. Mit jeder Note merkt man, wie viel Erfahrung, wie viel Freude in seinem Spiel steckt. Er lächelt, als er seine ersten Töne spielt.

Das könnte was werden, denkt er. Ja, eindeutig.